Aus der Arbeit von Connection e.V.

November 2008 bis Mai 2009

von Franz Nadler und Rudi Friedrich

Asylantrag von André Shepherd

Nachdem André Shepherd im November 2008 seinen Asylantrag beim Bundesamt für Migration gestellt hatte, wurde Anfang Februar eine mehrstündige Anhörung durchgeführt, in der er noch einmal ausführlich seine Gründe darlegen konnte, warum er als US-Deserteur in Deutschland Asyl sucht. Das Bundesamt für Migration hat bislang keine Entscheidung über den Asylantrag getroffen und wir erwarten, dass dies auch noch einige Wochen oder gar Monate dauern wird.

Die deutsche Presse berichtete recht ausführlich über seinen Fall. Es zeigte sich, dass es großes Interesse an seiner Entscheidung und Motivation gab, es erschienen über Monate hinweg Artikel, Berichte und Interviews in überregionalen Zeitungen. Erfreulich war dabei, dass in der Regel seine Beweggründe positiv geschildert wurden.

Weniger erfolgreich war die Pressearbeit in den USA. Es gab nur wenige Berichte. Zudem vermieden es die meisten Journalisten in den USA, seine politischen Motive zur Verweigerung und Asylantragstellung zu schildern. Im Stile der Boulevadpresse reduzierten sie seine Entscheidung zu einer rein persönlichen, in Deutschland bleiben zu wollen.

Mit unserer Unterschriftensammlung, die wir im Dezember 2008 gestartet hatten, konnten wir im März diesen Jahres der Bundesregierung etwa 2.000 Unterschriften von Personen übergeben, die mit uns die Asylanerkennung von André Shepherd fordern.

Wir druckten zweisprachige Flugblätter, um für seine Sache zu werben und um Unterstützung zu bitten. Sie können bei uns weiter kostenlos bezogen werden.

In einigen Städten, wie Rostock, Karlsruhe, Kleve, Tübingen, Berlin und München haben sich zudem Gruppen gefunden, die André Shepherd in seinem Asylantrag unterstützen, Veranstaltungen organisieren, Gespräche mit Abgeordneten führen und Geld für den Rechtshilfefonds sammeln. Das ist äußerst erfreulich, zumal wir für seine Kampagne jede Unterstützung gebrauchen können.

Des weiteren plant André Shepherd mit unserer Unterstützung im September oder Oktober diesen Jahres eine Veranstaltungsreihe durchzuführen. Nähere Informationen wird es in Kürze bei uns auf der Website geben.

Winter Soldier Hearing in Freiburg

Die Iraq Veterans Against the War Europe hatten zum 14. März 2009 Kriegsveteranen und Soldaten nach Freiburg eingeladen, die sich kritisch gegen die Kriege in Afghanistan und Irak stellen. Das Hearing fand am 14. März 2009 in Freiburg statt, im Vorfeld der NATO-Tagung in Straßburg. Wir beteiligten uns gemeinsam mit einer ganzen Reihe weiterer Gruppen an der Vorbereitung und Durchführung.

Schließlich sprachen neun Veteranen und Soldaten aus den Armeen Großbritanniens, Deutschland und den USA. Sie berichteten über ihre Erfahrungen als Soldaten im Kriegseinsatz. Zwei ihrer Beiträge haben wir in diesem Rundbrief dokumentiert. Besonders beeindruckend war es, sie bei der Präsentation ihrer Beiträge zu erleben und zu spüren, wie sehr sie nun das ablehnen, was sie getan haben.

Dank der guten Organisation der Freiburger Gruppen sind alle Beiträge als Video unter Youtube zu finden (...mehr). Zudem gab es eine Reihe von Zeitungsberichten über das Hearing. Es war eine wirklich gelungene Antikriegsveranstaltung.

Veranstaltungsreihe „Machtproben im Kaukasus“

Bereits im Februar hatten wir gemeinsam mit der DFG-VK Hessen die Veranstaltungsreihe „Machtproben im Kaukasus“ durchgeführt. Wir hatten aus Moskau den Sozial- und Politikwissenschaftler Vadim Damier eingeladen. Er forscht zur Geschichte der sozialen Bewegungen und ist aktiv in der Föderation der Arbeitenden in Erziehung, Wissenschaft und Technik, eine anarcho-syndikalistischen Gruppe.

Er berichtete auf den Veranstaltungen ausführlich über die Hintergründe des Krieges, der im August letzten Jahres im Kaukasus stattgefunden hatte. Er schilderte, wie die georgische, als auch die russische Regierung den Kriegseinsatz propagandistisch vorbereitete und unterstützte.

Die Veranstaltungen waren in der Regel gut besucht. Das Publikum war sehr interessiert daran, einen kritischen internen Blick über die Situation in Russland zu erhalten. Wir sind sehr froh, dass Vadim Damier für die Rundreise zu uns kommen konnte.

Unterstützung der israelischen Verweigerer

Kurz vor den Wahlen in Israel schlug das israelische Militär zu und antwortete im Januar 2009 auf die von seiten der Hamas abgeschossenen Kassam-Raketen mit einem Einmarsch in den Gazastreifen.

Die Kriegsunterstützung in Israel war sehr groß. Erst viel später wurde offensichtlich, wie wenig Rücksicht das israelische Militär auf die zivile Bevölkerung genommen hatte und wie viele Zivilpersonen aufgrund des Krieges getötet und verletzt worden sind. Die von der israelischen Regierung genannten Kriegsziele, darunter eine Beendigung des Beschusses durch Kassam-Raketen, wurden keineswegs erreicht. Und die Wahlen zeigten schließlich, dass die Propaganda und der Krieg wesentlich dazu beitrugen, die rechten Kräfte in Israel zu stärken.

Dagegen wandten sich Aktive aus der israelischen Friedensbewegung, unter ihnen auch Schulabgänger und Reservisten, die sich dem Einsatz verweigerten. Wir unterstützten ihre Aktivitäten durch Pressemitteilungen und Veröffentlichungen und konnten somit wenigstens darauf aufmerksam machen, dass es auch in Israel Widerstand gegen diese Kriegspolitik gibt. Neben den im Rundbrief veröffentlichten Beiträgen finden sich weitere auf unserer Website (...mehr).

Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns noch die Nachricht, dass einige Aktive unserer Partnerorganisation New Profile kurzzeitig festgenommen und ihre Computer beschlagnahmt wurden. Wir bitten um Unterstützung.

Besuch in der Türkei

Im März 2009 fuhren drei Aktive von Connection e.V., Nora Kral, Karin Fleischmann und Rudi Friedrich, zu einem Besuch in die Türkei. Sie trafen dort mit Aktiven zur Kriegsdienstverweigerung in Istanbul, Izmir und Ankara zusammen.

In einem ersten Treffen in Istanbul tauschten wir uns mit den dortigen Aktiven über die Möglichkeiten aus, wie wir ihre Aktivitäten unterstützen können. Weiter ist deren Situation davon geprägt, dass es keinen Verein und keine regelmäßigen Treffen gibt. Die Gruppe wird immer dann aktiv, wenn Verweigerer inhaftiert oder konkrete Aktionen vorbereitet werden. Geplant ist ein Seminar, um sich mit der Strategie und den Möglichkeiten der Gewaltfreiheit auseinander zu setzen.

In Izmir trafen wir erneut einige Aktive, die nun vor allem in der Menschenrechtsstiftung tätig sind. Sie hatten sich darum bemüht, über einen Abgeordneten der Partei der demokratischen Gesellschaft (DTP) einen Gesetzentwurf zur Kriegsdienstverweigerung in das türkische Parlament einzubringen und auf diese Weise Lobbyarbeit zu betreiben. Regierung und Militär zeigen allerdings keinerlei Interesse daran und ignorieren auch wiederholte Aufforderungen des Ministerausschusses des Europarates, die Kriegsdienstverweigerung zu legalisieren.

Auch Osman Murat Ülke ist weiter davon betroffen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte vor mehr als zwei Jahren entschieden, dass sein illegalisiertes Leben einem „zivilen Tod“ gleichkäme und daher die Türkei verurteilt. Aber es gibt auch in seinem Fall keine Veränderung. Noch immer ist er von erneuter Rekrutierung, Haft und Strafverfolgung bedroht.

In Ankara gab es ein Treffen mit Ahmet Karayay, der im Oktober 2008 seine Kriegsdienstverweigerung erklärt hat und sich im Anschluss den Militärbehörden stellte. Nun gab es ein Strafverfahren wegen seiner kritischen Äußerungen gegen das Militär, auf das er sich gemeinsam mit seiner Anwältin sehr ausführlich und gründlich vorbereitet hatte. Beide waren überrascht zu sehen, dass das Verfahren auch aufgrund ihrer guten Vorbereitung eingestellt wurde. Und Ahmet Karayay war zudem überrascht darüber, dass er nicht direkt dem Militär überstellt wurde, obwohl er inzwischen als Deserteur gilt.

In Ankara gibt es einige weitere Wehrpflichtige, die ebenfalls den Kriegsdienst öffentlich verweigern wollen. Wir werden über ihre Aktivitäten weiter berichten und planen für die nächste Ausgabe des Rundbriefes wieder einen Schwerpunkt zur Türkei.

Es war sehr wichtig, unsere Kontakte in die Türkei zu stärken und einige weitere aufzubauen. Wir hoffen sehr, dass es über die verschiedenen Aktivitäten letztlich doch möglich sein wird, die Türkei zu einer Änderung ihrer Kriegspolitik und ihrer Politik gegenüber den Kriegsdienstverweigerern zu bewegen.

Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Mai 2009

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