Mesarvot

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Israel: 63 junge Frauen (und Männer) erklären ihre Kriegsdienstverweigerung

Brief der Shministiot 2017

von Mesarvot

(27.12.2017) "Wir verweigern uns der Einberufung und dem Dienst in einer Armee, aus einer Verpflichtung gegenüber den Werten Frieden, Gerechtigkeit und Gleichheit heraus, da wir wissen, dass eine andere Realität möglich und zusammen erreichbar ist.“

„Wir rufen Mädchen in unserem Alter auf, sich selbst zu fragen: Dient der Militärdienst derzeit solch einer Realität?“

63 Jugendliche aus dem ganzen Land, die sich am “Shministiot Letter 2017” beteiligen und über die Organisation Mesarvot zusammenarbeiten, haben einen Brief an Premierminister, Verteidigungsminister und Bildungsminister sowie an den Generalstabschef geschickt, um damit ihre Verweigerung der Einberufung und des Dienstes in der Armee bekanntzugeben. Sie schreiben:

“Wir schreiben diesen Brief, um zu erklären, dass wir uns weigern, zur Armee zu gehen. Die Armee setzt die rassistische Politik der Regierung um, verletzt dabei die Menschenrechte und wendet auf dem gleichen Gebiet ein Gesetz gegenüber Israelis an, ein anderes gegenüber PalästinenserInnen. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, nicht an der Besatzung und der Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung teilzunehmen. Sie spaltet die Völker in zwei feindliche Lager. So lange Menschen unter einer Besatzung leben, die ihnen ihre grundlegenden Menschen- und nationalen Rechte vorenthält, werden wir keinen Frieden erreichen können.

Seit mehr als fünfzig Jahren werden dem palästinensischen Volk die Rechte versagt, durch eine Trennungsmauer, die die Westbank durchschneidet, die Belagerung von Gaza und viele andere Maßnahmen. Siedlungen zerschneiden die Westbank und separieren die PalästinenserInnen in Enklaven, um territoriale Nachbarschaft zu verhindern. Privates Land von PalästinenserInnen wurde enteignet, um Siedlungen zu gründen. Regelmäßig werden Häuser zerstört und Hunderttausende von Menschen von Elektrizität und sauberem Wasser abgeschnitten. PalästinenserInnen werden grundlegende politische Rechte verweigert, darunter das Recht auf Rede- und Demonstrationsfreiheit, wie auch das Recht zur Teilnahme an demokratischen Wahlen auf palästinensischem Gebiet. Auch die Freiheit, Informationen über Ereignisse zu erstellen und zu verbreiten, wurde durch Beschlagnahmung von Presse und Zensur eingeschränkt. Der Kreislauf des Hasses, der Gewalt und des Terrors zerstört die Leben von PalästinenserInnen und Israelis. Um Ruhe und ein besseres Leben für uns alle zwischen dem Jordan und dem Meer zu erreichen, müssen wir die Besatzung beenden und Frieden schaffen. Seit fünfzig Jahren besteht diese ‚vorübergehende‘ Situation nun an. Wir werden nicht weiter nachgeben und dafür nicht die Hand reichen.

Seit Jahren wird militärische Kontrolle über die palästinensische Bevölkerung ausgeübt: Und es ist immer noch kein Ende in Sicht. Eine ganze Nation wird auf beiden Seiten der Grünen Linie (Grenzen von 1967) institutionalisiert und direkt gegen die PalästinenserInnen aufgehetzt. Und wir, junge Frauen (und Männer) im Wehrpflichtigenalter, aus verschiedenen Teilen des Landes und mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen, weigern uns, diesem System von Aufwiegelung zu glauben. Wir verweigern unsere Teilnahme an der Regierungspolitik von Unterdrückung und Aufrechterhaltung der Besatzung. Wir verweigern uns der Einberufung und dem Dienst in einer Armee, aus einer Verpflichtung gegenüber den Werten Frieden, Gerechtigkeit und Gleichheit heraus, da wir wissen, dass eine andere Realität möglich und zusammen erreichbar ist. Wir rufen Mädchen (und Jungen) in unserem Alter auf, sich selbst zu fragen: Dient der Militärdienst derzeit solch einer Realität?“

Die UnterzeichnerInnen dieses Briefes gaben bekannt, dass sie an verschiedene Orte im Land gehen wollen, um in den kommenden Wochen weitere Unterschriften von Jugendlichen zu sammeln.

Unter den UnterzeichnerInnen des Briefes ist der 20-jährige Mattan Helman aus dem Kibbuz Haogen, der kürzlich wegen seiner Kriegsdienstverweigerung zum zweiten Mal zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Insgesamt summiert sich seine Haft bislang auf 30 Tage.

Mesarvot ist ein Netzwerk von politischen VerweigerInnen, das in den letzten Jahren Briefe, Initiativen und Verweigerungsgruppen für gemeinsame Aktionen initiiert hat. Das Netzwerk unterstützt KriegsdienstverweigerInnen, die sich dazu entschieden haben, nicht in eine Besatzungsarmee zu gehen und sich der Genderfragen bewusst sind, die die Wehrpflicht mit sich bringt. Das Netzwerk arbeitet mit der Bewegung Yesh Gvul zusammen.

Mesarvot: The Shministiot Letter 2017 - 63 Israeli youth in a letter to the Prime Minister. 27. Dezember 2017. Hebräische Quelle: http://bit.ly/2zsij6z

Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2018

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