Südkorea: Urteile des Obersten Gerichtshofes zur Kriegsdienstverweigerung
(25.02.2021) In der ersten Entscheidung dieser Art hat der Oberste Gerichtshof am Donnerstag den Freispruch eines Mannes bestätigt, der angeklagt war, aus nicht-religiösen Gründen den Reservedienst zu verweigern. Er hatte sich aus Gründen der Gewaltlosigkeit geweigert, an einer Ausbildung für Reservisten teilzunehmen. Es ist das erste Urteil des Obersten Gerichtshofes, das persönliche Überzeugungen und nicht allein religiöse Gründe für die Verweigerung des Reservedienstes anerkennt.
Südkoreanische Männer sind verpflichtet, nach Ableistung des Militärdienstes sechs Jahre lang eine ein-bis dreitägige Reserveausbildung zu absolvieren (jährlich bis zu 160 Stunden – d.Ü.).
Der Oberste Gerichtshof erklärte: „Selbst wenn sich ein Kriegsdienstverweigerer weigert, den Reservedienst zu absolvieren, und dies auf ethischen, moralischen oder philosophischen Überzeugungen basiert, die nicht religiöser Natur sind, sollte dies als legitimer Grund einer Verweigerung eines Dienstes angesehen werden, der durch das Gesetz der Reservestreitkräfte vorgeschrieben ist.“
Der Angeklagte, der im Februar 2013 aus dem Militär entlassen und den Reservestreitkräften zugeteilt wurde, stand vor Gericht, weil er sich von März 2016 bis April 2018 geweigert hatte, an 16 Reservediensten teilzunehmen. Sowohl das Bezirks- als auch das Berufungsgericht hatten den Mann für nicht schuldig erklärt, da sein persönlicher Glaube wahr sei.
Der Mann bestand darauf, dass er zum Glauben an Gewaltlosigkeit kam, nachdem er als Kind mit seinem gewalttätigen Vater gelebt hatte. Er argumentierte auch, dass er nach dem Sehen eines Videos, in dem amerikanische Soldaten Zivilisten töteten, zu der Überzeugung kam, dass nicht gerechtfertigt werden kann, anderen das Leben zu nehmen, auch nicht im Krieg. Weiter führte der Angeklagte aus, dass er sogar darüber nachgedacht hatte, den Dienst im Militär selbst aus seiner persönlichen Überzeugung heraus zu verweigern. Er habe aber seine Meinung aufgrund von Ratschlägen seiner Mutter und anderen Verwandten geändert.
In seinem bahnbrechenden Urteil vom November 2018 hatte der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass religiöse sowie Gewissensüberzeugungen als gültige Gründe für die Verweigerung des Militärdienstes anzusehen sind. Nach dem Urteil wurden die meisten Kriegsdienstverweigerer, die wegen der Verweigerung des Militärdienstes inhaftiert waren, freigelassen und freigesprochen.
Im Einklang mit dem Urteil von 2018 hat der Oberste Gerichtshof im letzten Monat auch den Freispruch eines Kriegsdienstverweigerers bestätigt, der wegen der Verweigerung des Reservedienstes aus religiösen Gründen angeklagt war. Der Oberste Gerichtshof bestätigte hingegen am Donnerstag die Verurteilung von zwei weiteren angeblichen Kriegsdienstverweigerern zu je eineinhalb Jahren Gefängnis. Sie waren angeklagt worden, weil sie den Militärdienst aufgrund ihrer persönlichen Überzeugungen zur Gewaltlosigkeit verweigert hatten.
Laut Gesetz müssen alle wehrfähigen südkoreanischen Männer 18 bis 22 Monate lang Militärdienst ableisten.
Einer der beiden verurteilten Verweigerer wurde vom Obersten Gerichtshof dazu befragt, da er nicht gegen alle Kriege sei und seiner Auffassung nach der Einsatz von physischer Gewalt je nach Zweck, Motivation und Situation der Kriege gerechtfertigt sein könne.
Dem anderen verurteilten Verweigerer wurde nicht zugestanden, einen berechtigten Grund zur Kriegsdienstverweigerung zu haben, nachdem er seinem Unmut über Menschenrechtsverletzungen und die autoritäre Kultur im Militär und über Karrierebrüche während des Militärdienstes Luft gemacht hatte, statt über die militärische Ausbildung.
Am selben Tag wies das Verfassungsgericht eine Petition ab, die eine Verletzung der Gewissensfreiheit darin begründet sah, dass das aktuelle Gesetz diejenigen bestraft, die den Reservedienst ohne berechtigten Grund verweigern. Die Petition wurde von einem Mann eingereicht, der sich weigerte, den Reservedienst abzuleisten, nachdem er seinen Militärdienst als Industriefacharbeiter beendet hatte. Das Gericht merkte an, dass es bereits Urteile des Obersten Gerichtshofs gebe, ob Kriegsdienstverweigerer bei Verweigerung des Reservedienstes bestraft werden sollen und sagte, dass der Petent ein Urteil des Obersten Gerichtshofes einholen könne, ob sein Fall Teil der Kriegsdienstverweigerung sei.
Yonhap News Agency: (2nd LD) Conscientious objector acquitted after refusing reservist training for nonreligious reason. 25. Februar 2021. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe April 2021.
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