Kriegsdienstverweigerung kann den Krieg untergraben!

Aktionsbericht aus Rom/Italien

von Mao Valpiana

Frieden auf dem Platz. Vertreter*innen der italienischen Organisationen der #ObjectWarCampaign, überreichten den Botschaften von Russland, Belarus und Ukraine den Text des Appells, für den 50.000 Unterschriften gesammelt worden sind (d. Red.).

Sie gingen im Gänsemarsch vom Bahnhof Termini zu den Botschaften Russlands, der Ukraine und Belarus, um drei Postkarten im Riesenformat mit dem Text des Appells der #ObjectWarCampaign zu überreichen: „Wir bitten um die vollständige Anerkennung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung, das universell ist und nicht eingeschränkt werden darf“. Die Teilnehmer*innen vertreten die italienischen Organisationen, die zu der internationalen Kampagne gehören. Die Kampagne sammelte 50.000 Unterschriften, die gestern – am Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung – bei einer öffentlichen Aktion in Berlin an die Europäische Kommission übergeben wurden.

Sie forderten den russischen Botschafter auf, den Text direkt an Putin zu übermitteln: „Lassen Sie alle illegal inhaftierten Soldaten frei, die sich weigern, an der Verletzung des Völkerrechts teilzunehmen, und erkennen Sie das Recht auf Kriegsdienstverweigerung für jeden russischen Bürger an, der es ausübt.“ Ebenso eindeutig ist die Botschaft an die ukrainische Botschaft für Selenskyj: „Ziehen Sie die Anklagen gegen Kriegsdienstverweigerer zurück, die sich weigern, zu den Waffen zu greifen. Nur durch die Anwendung internationaler Standards auf alle Bürger wird das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wiederhergestellt.“ Das Europäische Parlament äußerte sich zu diesem Thema am 16. Februar 2023 in einer Entschließung, welche „die Mitgliedstaaten auffordert, Russen und Belarussen, die wegen ihrer Äußerungen oder Proteste gegen den Krieg verfolgt werden, sowie russische und belarussische Deserteure und Kriegsdienstverweigerer zu schützen und ihnen Asyl zu gewähren.“

Es ist bedauerlich, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments die ukrainischen Kriegsdienstverweigerer vergessen haben. Sie werden vor Gericht gestellt und inhaftiert, weil der Präsidialerlass über die allgemeine Mobilmachung keine Befreiung vom Militärdienst für sie vorsieht und ihnen die Möglichkeit verwehrt, einen Ersatzdienst zu leisten. Vielleicht wollten sie Selenskyj nicht verärgern, der sich auf einer Europareise nach Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien befindet, um neue Verteidigungspakete und Waffen nach Hause zu bringen, während er die Vermittlung des Vatikans ablehnt. Stattdessen erinnerte Papst Franziskus an die Figur des Naziverweigerers Franz Jägerstätter, der „den Kriegsdienst verweigerte, weil er den Krieg für völlig ungerechtfertigt hielt“, und verwies auf ihn als Vorbild für junge Menschen.

„Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht, das von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem UN-Menschenrechtsrat anerkannt wird, während die Richtlinien des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars (UNHCR) die Szenarien definieren, in denen der Flüchtlingsstatus bei Verweigerung des Militärdienstes gewährt wird“, sagt Zaira Zafarana im Namen der internationalen Netzwerke IFOR, WRI, EBCO und Connection e.V., die die europäischen Institutionen um Schutz für alle Verweigerer und Deserteure bitten.

Obwohl das Phänomen in Russland und der Ukraine geleugnet und zensiert wird, haben Tausende und Abertausende von jungen Menschen diesen Weg gewählt. Sie werden als „Verräter“, als Feinde des Vaterlandes, als Feiglinge dargestellt, aber in Wirklichkeit sind sie die einzigen, die ihre Heimat lieben, ohne die des anderen zu hassen, die einzigen der beiden Seiten, die bereits miteinander reden, zusammenarbeiten und Friedensprojekte umsetzen. Die Vertreter der italienischen Organisationen, die an der Initiative teilnehmen (Nonviolent Movement, un Ponte per, MIR, Giuristi Democratici, Pax Christi Italia, Pressenza, Centro Studi Sereno Regis, Caritas, Cnesc), hielten anschließend eine Pressekonferenz im Senat ab: „Wir sind hier, um den Opfern an allen Schauplätzen bewaffneter Konflikte unsere Solidarität zu bekunden und diejenigen zu unterstützen, die die Waffen verweigern, denn wie die Verfassung in Artikel 11 sagt, muss der Krieg abgelehnt werden.“

Die Kampagne der Kriegsverweigerer hat in Carlo Rovelli, einem wegen seiner pazifistischen Positionen umstrittenen Physiker, einen außergewöhnlichen Zeugen gefunden: „Um den Krieg zu beenden, darfst man ihn nicht führen, um das Feuer einzustellen, darf man nicht schießen. Deshalb unterstütze ich die Kampagne der gewaltfreien Bewegung: für die rechtliche Verteidigung der Verweigerer, für das Recht auf Asyl und den Schutz junger Russen, Belarussen und Ukrainer, die in Europa Zuflucht suchen. Dem Wahn der globalen militärischen Dominanz setzen wir die Logik des Friedens und der Zusammenarbeit entgegen.“

Mao Valpiana, Il manifesto: L’obiezione di coscienza può mettere in crisi la guerra. 17. Mai 2023. https://ilmanifesto.it/lobiezione-di-coscienza-puo-mettere-in-crisi-la-guerra. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2023

Stichworte:    ⇒ Aktionsberichte   ⇒ Italien   ⇒ Russland   ⇒ Ukraine