Internationales Treffen in Athen

Ein Bericht

Vom 19.-24. April 2023 fanden in Athen mehrere Treffen zur #ObjectWarCampaign und zur Kriegsdienstverweigerung statt. Rudi Friedrich hatte Gelegenheit, an den Treffen teilzunehmen und berichtet hier von seiner Reise (d. Red.).

Russland, Belarus, Finnland und Griechenland

Das besondere an diesem ersten Treffen war, dass sich Aktive aus den vier Ländern zum großen Teil das erste Mal trafen, um gemeinsam Berichte zu hören, Ideen auszutauschen und die Arbeit zur Kriegsdienstverweigerung voranzubringen. Am ersten Tag gab es verschiedene Runden, um sich gegenseitig Kennenzulernen. Dann gab es einen Block, in dem die Situation der Kriegsdienstverweigerer in den verschiedenen Ländern vorgestellt wurde:

Russland: Es wurde ein Überblick über die Situation der Kriegsdienstverweigerer gegeben. Thema war dann vor allem der Beschluss des Parlaments, dass nun über eine Web-Plattform auch eine digitale Rekrutierung möglich ist. Die Aktiven berichteten, dass es trotzdem im Moment nicht wesentlich mehr Anfragen bei den Beratungsstellen gibt.

Belarus: Olga Karatch gab einen Überblick über die aktuelle Situation zur Kriegsdienstverweigerung (siehe Seite 18)

Finnland: Die Gruppe Aseistakieltäytyjäliitto (AKL) berichtete über die nach wie vor laufende Kampagne gegen die Wehrpflicht. Ein Totalverweigerer schilderte seine Situation und den in Kürze für ihn anstehenden Hausarrest, weil er sich weigert, den deutlich längeren Zivildienst abzuleisten.

Griechenland: Es waren einige ältere Kriegsdienstverweigerer anwesend. Wenn sie in der Vergangenheit nicht als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wurden, droht ihnen nach wie vor eine Einberufung und bei Nicht-Erscheinen eine Geldstrafe von 6.000 €. Das kann sich auch mehrmals wiederholen. Auf dem Treffen war auch ein aktueller Kriegsdienstverweigerer, der derzeit seinen Zivildienst ableistet.

Am zweiten Tag wurde zunächst über Merchandising diskutiert, Bepper, T-Shirts, Sticker, usw. In der Diskussion wurde klar, dass international kein Text nutzbar ist, da dann verschiedene Sprachen notwendig wären. Es muss also darum gehen, klare Symbole zu finden. In diesem Zusammenhang wurde das Logo für die #ObjectWarCampaign als Möglichkeit gesehen, auch der umgedrehte Helm mit einer Blume drin, der als Logo von EBCO benutzt wird.

Später stellte ich die #ObjectWarCampaign vor. Dazu gab es einige Anmerkungen:

  • Den russischen Gruppen war es besonders wichtig, auf die Visaproblematik zu verweisen. Sie wünschen sich einen einfacheren Zugang zu Visa für politisch Aktive, auch für Konferenzen usw.
  • Sie brauchen weiter finanzielle Unterstützung für Beratung und Arbeit gegen die Propaganda für den Krieg
  • Auf der Ebene der UN solle Druck auf die Länder ausgeübt werden, die Russland unterstützen
  • Da nicht mehr so viele aus Russland fliehen, solle sich die EU verstärkt um die kümmern, die bereits geflohen sind
  • Es sollte in Zukunft ein breiterer Antikriegs-Ansatz gewählt werden
  • Ausgebaut werden sollte das Beratungsnetz wie auch die praktische Unterstützung.

Treffen des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung (EBCO)

Am Samstag fand morgens das EBCO-Treffen statt. Die Präsidentin von EBCO war wenige Tage zuvor in der Ukraine, um die Ukrainische Pazifistische Bewegung zu besuchen und auch den zu der Zeit inhaftierten Vitali Alekseenko. Der Vorstand berichtete ausführlich über die umfangreichen Aktivitäten und die Vorbereitungen für den Jahresbericht wurden vorgestellt.

Am Nachmittag blieb dann noch Zeit, um EBCO über das Treffen zur Kriegsdienstverweigerung in Finnland, Griechenland, Russland und Belarus sowie über die #ObjectWarCampaign zu berichten.

Aktion auf dem Syntagma-Platz

Sehr gut vorbereitet starteten wir zum Abschluss der Treffen zum zentralen Syntagma-Platz in Athen. Eine Stoffbahn wurde aufgehängt um die #ObjectWarCampaign als Graffiti zu präsentieren. Die Gruppen hatten im Vorfeld antimilitaristische Musik aus den verschiedenen Ländern zusammengestellt. Und als Aktion wurden Helme gemeinsam weggeworfen und dann mit Blumen bepflanzt. Das kam wirklich gut an. Viele Passant*innen zeigten sich sehr interessiert und machten Fotos von der Aktion.

Treffen mit Vicdani Ret İletisim

Zum Abschluss des Wochenendes hatte ich Gelegenheit mich mit Merve Arkun und Hüseyin Civan von Vicdani Ret İletisim aus der Türkei zu treffen. Der Verein für Kriegsdienstverweigerung heißt jetzt Beobachtungsstelle Kriegsdienstverweigerung. Sie haben den Verein aufgelöst, weil es zu riskant war, ihn weiterzuführen.

Die Gruppe hatte gerade einen Bericht erstellt, der noch einmal die Situation der Kriegsdienstverweigerer in der Türkei zusammenfasst und mehrere Kriegsdienstverweigerer und ihre prekäre Situation darstellt. Der Bericht liegt inzwischen auch in deutscher Sprache vor unter https://de.connection-ev.org/pdfs/2023-06-02_TuerkeiBericht.pdf.

Gemeinsam überlegten wir, wie wir den von der Bertha-von-Suttner-Stiftung geförderten Bericht öffentlich machen können. Das ist inzwischen geschehen. Darüber hinaus wird der Bericht auch als Material für die Lobbyarbeit im Europarat, Europäischen Parlament und auf der Ebene der Vereinten Nationen genutzt werden.

Die Gruppe hatte auch eine Stellungnahme (gemeinsam mit uns, EBCO und WRI) an das Ministerkomitee des Europarates geschickt. Hintergrund ist, dass die türkische Regierung zur Frage der Kriegsdienstverweigerung einen neuen Action Plan geschickt hatte, der aber nichts Neues enthielt. Weiter erklärt die türkische Regierung, dass mit der Ersatzzahlung von 5.000 € und einem dann zeitlich reduzierten Militärdienst von einem Monat doch alles in Ordnung wäre. Für die Kriegsdienstverweigerer ist das allerdings keine Lösung.

Resumee

Es war sehr erfreulich, so viele Aktive aus verschiedenen Ländern zu treffen. Es blieb genug Zeit, sich wirklich auszutauschen und gemeinsam die weitere Arbeit zu diskutieren und Projekte zu entwickeln. Die #ObjectWarCampaign ist für viele der Gruppen eine zentrale Kampagne, die es fortzuführen gilt.

Rudi Friedrich: Internationales Treffen in Athen mit der #ObjectWarCampaign. 31. Mai 2023. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2023

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