Maikel Nabil Sanad - © Christopher Schwarzkopf

Maikel Nabil Sanad - © Christopher Schwarzkopf

Berufungsverhandlung für ägyptischen Militärkritiker vertagt

Unterstützerin auf Protestdemonstration verhaftet

von Connection e.V. und DFG-VK Hessen

(04.10.2011) Mit einer fadenscheinigen Begründung hat das Oberste Militärgericht in Kairo die Berufungsverhandlung des ägyptischen Kriegsdienstverweigerers und Militärkritikers Maikel Nabil Sanad gestern um eine Woche vertagt. „Das Berufungsgericht hat damit die Chance vertan, die ungerechte Verurteilung von Maikel Nabil Sanad zu drei Jahren Haft aufzuheben und nimmt den Tod des 26-jährigen in Kauf, der sich nun den 43. Tag in Hungerstreik befindet“, so heute Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e.V.

Ein Militärgericht hatte Maikel Nabil Sanad am 10. April 2011 wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung falscher Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er in einem Beitrag auf seinem Blog www.maikelnabil.com über die Rolle des Militärs während und nach der Revolution berichtet hatte. Er hatte darin ausführlich die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen und politischen Einflussnahmen des ägyptischen Militärs in dieser Zeit thematisiert.

Der Rechtsanwalt von Maikel Nabil Sanad, Negad al-Borey, berichtete, dass die Verhandlung durch den Richter vertagt worden sei, weil Prozessunterlagen nicht vorlagen: „Das war nicht der Fehler von uns, sondern der Fehler des Gerichts. Der Richter hätte leicht eine Verhandlungspause einlegen können, damit die Unterlagen aus dem darüber liegenden Stockwerk geholt hätten werden können. Mit der Vertagung um eine Woche vereitelt das Gericht die Berufungsverhandlung.“

Der Bruder des 26-jährigen, Mark Nabil Sanad, bestätigte, dass Maikel Nabil Sanad seinen Hungerstreik fortsetzen werde: „Die Vertagung ist praktisch ein Todesurteil für Maikel. Das ist nicht gerecht.“ Maikel Nabil Sanad hatte den Hungerstreik am 23. August 2011 begonnen. Mehrmals hatte er seine Forderung auf sofortige Freilassung mit einem Durststreik betont. Infolgedessen fiel er wiederholt ins Koma und seine Nieren versagten. Unterstützer teilten mit, dass er fast keinen Blutdruck mehr habe und weniger als 48 Kilo wiege. Rechtsanwalt Negad al-Borey ergänzte: „Wir haben immer wieder Gesuche gestellt, damit das Gericht ihn in ein Krankenhaus verlegt. Aber es war vergeblich. Es ist unmenschlich und empörend, wie sie ihn behandeln.“

„Die Verurteilung von Maikel Nabil Sanad im April diesen Jahres war eine klare Verletzung des Artikels 19 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte“, so heute Gernot Lennert für die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen. „Selbst die im Juni 2011 in Kraft getretene Übergangsverfassung Ägyptens garantiert das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit. Zudem wird hier sehr deutlich, dass Militärgerichte nicht unabhängig, sondern ausführendes Organ des Militärs sind. Maikel Nabil Sanad muss unverzüglich freigelassen und medizinisch versorgt werden.“

Das Militär ging gestern auch gegen UnterstützerInnen von Maikel Nabil Sanad vor. Sie berichteten, dass Soldaten eine Demonstration von etwa 100 Personen vor dem Gerichtsgebäude untersagten und Kameras von Journalisten sowie Mobiltelefone von UnterstützerInnen konfiszierten. Eine Unterstützerin wurde verhaftet und noch am gleichen Tag zu einer Verhandlung des Militärgerichts am 11. Oktober 2011 vorgeladen.

Unterstützungsmöglichkeiten für Maikel Nabil Sanad gibt es weiter unter

www.Connection-eV.org/aktion-egypt.php

www.frieden-mitmachen.de

http://WRI-irg.org/campaigns/supportmaikelnabil

Connection e.V. und DFG-VK Hessen: Pressemitteilung vom 4. Oktober 2011

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