Wir protestieren gegen die rechtswidrige Durchsuchung und die Beschlagnahme der Wohnung von Yurij Sheliazhenko in Kiew

von World BEYOND War

(03.08.2023) Heute wurde in die Wohnung von Yurii Sheliazhenko eingebrochen – offenbar durch den nationalen Sicherheitsdienst der Ukraine. [Videos sind hier zu sehen]

Yurii Sheliazhenko, PhD, ist Mitglied des Vorstandes von World BEYOND War. Er wohnt in Kiew in der Ukraine. Yurii ist Geschäftsführer der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung, Vorstandsmitglied des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung und Ratsmitglied des Internationalen Friedensbüros. Er schloss 2021 einen Master of Mediation and Conflict Management ab, nachdem er bereits 2016 einen Master of Laws an der KROK-Universität in Kiew erworben hatte. Neben seinem Engagement in der Friedensbewegung ist er Journalist, Blogger, Menschenrechtsverteidiger, Rechtswissenschaftler, Autor wissenschaftlicher Publikationen und Dozent für Rechtstheorie und Rechtsgeschichte. Außerdem moderierte er Online-Kurse von World BEYOND War. Yurii ist Preisträger des Sean-MacBride-Friedenspreises 2022 des Internationalen Friedensbüros.

Yurii und die Ukrainische Pazifistische Bewegung haben sich stets gegen beide Seiten des aktuellen Krieges gestellt. Nun werden sie offenbar beschuldigt, die russische Seite zu unterstützen. Es ist sehr üblich, dass Kriegsbefürworter die Möglichkeit leugnen, gegen beide Seiten eines Krieges zu sein, und daraus fälschlicherweise schließen, dass jeder, der dies tut, in Wirklichkeit die Seite unterstützt, die der entsprechende Kriegsbefürworter ablehnt. Sie werden jedoch keine tatsächlichen Beweise dafür finden, dass Yurii je eine der beiden Seiten unterstützt hat.

Wir fordern, dass Yuriis Rechte auf Kriegsdienstverweigerung und freie Meinungsäußerung von einer Nation respektiert werden, die behauptet, einen Krieg für Demokratie und Menschenrechte zu führen.

Fordern Sie die ukrainische Regierung auf, die Strafverfolgung des Pazifisten Yurii Sheliashenko einzustellen: https://worldbeyondwar.org/de/Fordern-Sie-die-ukrainische-Regierung-auf%2C-die-Strafverfolgung-des-Friedensaktivisten-Jurij-Scheliaschenko-einzustellen/

Es folgt die deutsche Übersetzung eines Briefes von Yurii Sheliazhenko an den SBU-Ermittler Novak O.S. Das Original wurde in Ukrainisch verfasst, die deutsche Übersetzung basiert auf der englischen Übersetzung von World BEYOND War.

Einspruch und Beschwerde wegen Verletzung der Menschenrechte

Heute, am 03.08.2023, während der ersten Tageshälfte, begannen Unbekannte, die Tür zu meiner Wohnung einzutreten… Als ich fragte, wer das sei, sagten sie mir, sie seien vom [Sicherheitsdienst der Ukraine, dem] SBU1. Sie weigerten sich jedoch, sich vorzustellen. Sie erklärten, sie hätten einen Durchsuchungsbefehl, weigerten sich aber diesen vorzulesen. Ich rief die Polizei an, für den Fall, dass es sich nicht um den SBU, sondern um Kriminelle handelt. Ebenso die Anwälte von O. Veremienko und S. Novytska, für den Fall, dass es sich wirklich um einen Ermittler handelt, der sich aus irgendeinem Grund illegalerweise nicht ausweist. Ich erhielt auch Anrufe von Personen mit mir unbekannten Nummern, die sich als Vertreter der Polizei vorstellten, aber ihre Namen nicht nannten. Sie sagten, dass sie die Dokumente des angeblichen SBU überprüft hätten, sich aber weigerten, mir Namen und Titel der Personen mitzuteilen, die angeblich vom SBU kamen. Ebenso weigerten sie sich, den Gerichtsbeschluss zu verlesen, sodass ich daran zweifelte, ob es sich wirklich um die Polizei handelte. Ich bat darum, wenn es wirklich der SBU ist, 45 Minuten auf meinen Anwalt zu warten. Aber sie warteten nicht, sie stellten sich nicht vor und verlasen auch nicht den Gerichtsbeschluss, damit ich ihnen die Tür öffnen konnte. Sie brachen die Tür auf. Daraufhin begann die Durchsuchung ohne Anwesenheit eines Anwalts. Sie nahmen mir gewaltsam meine Oikutel-Handynummer ab… auf dem ich ihre illegalen Handlungen aufgezeichnet hatte als sie meine Tür aufbrachen und sich nicht vorstellten.

Von SBU-Ermittler Novak erhielt ich ein Dokument, das einer Kopie des Urteils des Bezirksgerichts Pechersk vom 5. Juli 2023 ähnelte. In diesem wurde auf der Grundlage von Vermutungen eine angebliche Rechtfertigung der russischen Aggression (gegen die ich mich ständig ausspreche, wenn ich als Pazifist gewaltlosen Widerstand gegen die Aggression leiste) und der angeblichen Behinderung der Tätigkeit der Streitkräfte der Ukraine (obwohl ich als Pazifist alle Streitkräfte, angefangen bei den russischen, kritisiere und lautstark verurteile, habe ich nie etwas Illegales getan, das auch nur ansatzweise unter den entsprechenden Artikel des Strafgesetzbuches der Ukraine fallen könnte) die Erlaubnis erteilt, mich zu durchsuchen und Dokumente, Ausrüstung u.Ä. zu beschlagnahmen, die Beweise für die Begehung der genannten Straftaten enthalten könnten.

Bei der Durchsuchung wurde nichts gefunden, was auch nur im Entferntesten mit Beweisen für eine Rechtfertigung der russischen Aggression oder anderer krimineller Handlungen meinerseits vergleichbar wäre. Daher erhebe ich Einspruch gegen die Beschlagnahme von Gegenständen, da keines der gefundenen Materialien und Ausrüstungen Beweise für die Begehung von Straftaten meinerseits sind und auch nicht sein können. Sie wurden unter Berücksichtigung der Verletzungen meiner Rechte während dieser Ermittlungsmaßnahme illegal erlangt und haben daher keine Beweiskraft.

Darüber hinaus erfuhr ich durch die Worte der Person die eine Bescheinigung vorlegte, welche der Bescheinigung des SBU-Ermittlers Novak O.S. ähnelte, dass die Untersuchung absurderweise die "Friedliche Agenda für die Ukraine und die Welt", die durch den Beschluss der Versammlung der öffentlichen Organisation "Ukrainische Bewegung der Pazifisten" gebilligt wurde, als "Rechtfertigung der russischen Aggression" betrachtet. Ebenso das Begleitschreiben an das Büro des Präsidenten der Ukraine, mit dem diese Erklärung übermittelt wurde. Ermittler Novak erläuterte auch, dass es eine Expertenmeinung gebe, wonach diese Erklärung angeblich die russische Aggression rechtfertige. Das ist absurd, da die Erklärung die russische Aggression verurteilt. Wenn es eine solche Schlussfolgerung wirklich gibt, muss sie fehlerhaft sein, kann nicht mit der objektiven Realität übereinstimmen und könnte aus Motiven des ideologischen Hasses auf den Pazifismus heraus erstellt worden sein, was für jeden Wissenschaftler unprofessionell ist. Daher wäre eine solche Schlussfolgerung höchstwahrscheinlich ein Anzeichen für eine Fälschung von Dokumenten und eine Überschreitung der offiziellen Befugnisse und beinhaltet eine wissentlich falsche Schlussfolgerung durch einen Experten. Nach dem Gerichtsbeschluss zu urteilen, der den Standpunkt der Ermittlungen in Bezug auf die angebliche Kriminalität der Aktivitäten der Menschenrechts- und Friedensbewegung wiedergibt, bin ich der Meinung, dass dieses Strafverfahren rechtswidrig, ungesetzlich und politisch motiviert ist. Es stellt eine Manifestation der Repression gegen die Friedensbewegung dar. Unsere Organisation ist Teil des internationalen Netzwerks der Friedensbewegung, insbesondere des Internationalen Friedensbüros (Nobelpreisträger von 1910), dessen Vertreter in aller Kürze über die Verfolgung der Friedensbewegung in der Ukraine unter einem erfundenen und verleumderischen Vorwand informiert wurden.

In diesem Zusammenhang fordere ich

  1. Hören Sie auf, die legitimen Menschenrechtsaktivitäten von mir, der zivilgesellschaftlichen Organisation "Ukrainische Pazifistische Bewegung" und der Friedensbewegung im Allgemeinen zu behindern. Pazifist*innen stehen bei einem Krieg auf allen Seiten und leisten gewaltlosen Widerstand – auch durch die Kritik an Menschenrechtsverletzungen, Krieg und Militarismus, einschließlich Putins verbrecherischem Militarismus und brutaler Aggression gegen die Ukraine. Aufgrund der aktuellen Aktionen des SBU fühle ich mich nicht nur als Opfer der russischen Aggressoren, sondern auch als Opfer des repressiven militaristischen Apparats des ukrainischen Staates. Insbesondere als Opfer der Spezialdienste, die sich aufgrund der mangelnden Arbeit des Parlaments und des VRU-Menschenrechtskommissars2 straffrei fühlen, wenn Menschenrechte verletzt werden, weil die demokratische zivile Kontrolle im Bereich der Sicherheit und Verteidigung unzureichend ist. Was im Übrigen eines der Ziele unserer Organisation ist, gegen die diese schändlichen und illegalen Repressionen des SBU eingeleitet wurden.
  2. Beschlagnahmen Sie nichts, da bei der Durchsuchung KEINE Beweise für illegale Handlungen meinerseits oder durch andere Personen gefunden wurden.
  3. Geben Sie mir die Möglichkeit, mich mit den Materialien des Strafverfahrens und insbesondere mit dem sogenannten Gutachten vertraut zu machen, damit ich es als Doktor der Rechtsphilosophie von einem professionellen Standpunkt aus selbst die Angaben einsehen und überprüfen kann. Und ziehen Sie unabhängige Sachverständige zur Überprüfung dieses Dokuments hinzu (wenn der Inhalt den Worten des Ermittlers Novak entspricht, muss dieses Dokument unwissenschaftlich sein und stellt daher einen Beweis für die Begehung eines Verbrechens durch einen Sachverständigen dar).

Yu.V. Shelyazhenko

World BEYOND War: We Object to the Illegal Search and Seizure a Apartment of Yurii Sheliazhenko in Kiew. 3. August 2023. https://worldbeyondwar.org/we-object-to-the-illegal-search-and-seizure-at-apartment-of-yurii-sheliazhenko-in-Kiew/

Stichworte:    ⇒ Pazifismus   ⇒ Strafverfolgung   ⇒ Ukraine