Osman Murat Ülke

Osman Murat Ülke

Türkei: Militär widersetzt sich im Fall Osman Murat Ülke Urteil des EGMR

Verweigerer Halil Savda frei - aber bedroht von weiterer Inhaftierung

von Connection e.V.

Pressemitteilung vom 31. Juli 2007

 

Türkische Militärgerichte widersetzen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Am 27. Juli 2007 hatte das Gericht in Eskisehir die Verfügung zur Vollstreckung einer Haftstrafe gegen den bereits mehrmals wegen seiner Kriegsdienstverweigerung verurteilten Osman Murat Ülke bestätigt. Es verwies dabei auf ein Urteil des Militärberufungsgerichtes vom 29. Mai 2007, in dem dies feststellte, dass jede einzelne Befehlsverweigerung eines Kriegsdienstverweigerers eine neue Straftat darstelle.

Damit stellt sich die türkische Militärgerichtsbarkeit in eklatanter Weise gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Der Gerichtshof hatte am 24. Januar 2006 die Türkei verurteilt, da sie gegenüber Osman Murat Ülke gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen habe. "Die zahlreichen Anklagen in Verbindung mit der Möglichkeit, dass er einer lebenslangen Strafverfolgung unterliegen könnte, stehen im Missverhältnis zu dem Ziel, die Ableistung des Militärdienstes sicherzustellen." Das Leben im Geheimen, dass Osman Murat Ülke aufgrund seiner Gewissensentscheidung als Kriegsdienstverweigerer führen müsse, sei als "ziviler Tod" zu bezeichnen. (Im Wortlaut)

Osman Murat Ülke war wegen seiner Kriegsdienstverweigerung zwischen 1996 und 1998 bereits acht Mal verurteilt worden und mehr als 23 Monate inhaftiert. Nun wurde er aufgefordert, eine Reststrafe von 17 Monaten und 15 Tagen anzutreten, die aus einer Verurteilung wegen Befehlsverweigerung aus dem Jahre 1999 resultiere. Osman Murat Ülke lebt an unbekanntem Ort in Izmir. Er kann jederzeit verhaftet werden, um die Haftstrafe anzutreten. Zudem droht ihm erneute Rekrutierung und Strafverfolgung.

Rudi Friedrich von Connection e.V. erklärte dazu heute: "Das türkische Militär zeigt auch auf Kosten der Kriegsdienstverweigerer im Land seine Macht. Über die Militärgerichtsbarkeit wird die Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch die Türkei fortgesetzt. Auf der anderen Seite zeigt die türkische Regierung keinerlei Veranlassung, die Kriegsdienstverweigerung zu legalisieren. Diesem Skandal muss endlich ein Ende bereitet werden."

Die Türkei erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an. Jeder türkische Mann ist mit 20 Jahren zur Ableistung des Militärdienstes verpflichtet. Kriegsdienstverweigerer, die sich aufgrund ihrer Entscheidung weigern, eine Uniform anzuziehen oder Befehle verweigern, werden wegen Befehlsverweigerung angeklagt und nach Verbüßung der Haftstrafe erneut einberufen. Dieser Teufelskreis kann ein Leben lang fortbestehen, da die Wehrpflicht in der Türkei erst nach Ableistung des Militärdienstes als erfüllt gilt.

Zugleich wurde bekannt, dass der türkische Kriegsdienstverweigerer Halil Savda am 28. Juli 2007 nach über einem halben Jahr Haft freigelassen wurde, nachdem er eine am 12. April 2007 ausgesprochene Haftstrafe verbüßt hatte. Ein zweites Urteil von einem Jahr und dreieinhalb Monaten ist noch nicht rechtskräftig. Zudem wurde er nach seiner Entlassung erneut einberufen. Somit sieht sich Halil Savda einem ähnlichen Teufelskreis, wie andere Kriegsdienstverweigerer gegenüber. Sie werden lebenslang illegalisiert, gelten als Deserteure und sehen sich der ständigen Gefahr von Verhaftung, Verurteilung und Inhaftierung gegenüber.

gez. Rudi Friedrich

Connection e.V., Pressemitteilung vom 31. Juli 2007. Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, November 2007.

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