Türkei: İHD fordert sofortige Freilassung der heute Festgenommenen

Turgut Tarhanlı, Betül Tanbay, Çiğdem Mater und Mitarbeiter*innen von Anadolu Kültür inhaftiert

von İnsan Hakları Derneği (İHD)- Menschenrechtsverein

(16.11.2018) In den frühen Morgenstunden des 16. November 2018 wurden der Dekan der Rechtsfakultät der Bilgi-Universität, Prof. Dr. Turgut Tarhanlı sowie Prof. Dr. Betül Tanbay der Boğaziçi-Universität, Produzentin und Autorin Çiğdem Mater und Mitarbeiter*innen des Vereins Anadolu Kültür nach Razzien in ihren Wohnungen festgenommen. Zunächst gab es außer dem Umstand, dass die Ermittlungsakte 2014 erstellt worden sei, keine weiteren Informationen. Aber nun wurde der Gegenstand der Untersuchung durch eine Mitteilung des Istanbuler Polizeipräsidiums Istanbul bekannt gegeben.

Wie allgemein bekannt, wurden im Zusammenhang mit den mehrmonatigen Protesten, die am 31. Mai 2013 als Reaktion auf das Abholzen der Bäume im Gezi-Park in Istanbul begonnen hatten, zahlreiche Ermittlungen eingeleitet und Klagen erhoben. Ein Großteil dieser Ermittlungen und Klagen wurde gemäß Gesetz Nr. 2911 und wegen mutmaßlichem Widerstand gegen die Polizei eingeleitet. Die überwiegende Mehrheit der gegen die Demonstrant*innen erhobenen Klagen wurde mit Freispruch der Angeklagten beigelegt, während sich die verurteilten Angeklagten mit Anträgen an das Verfassungsgericht wandten. Der İHD erinnert alle Beteiligten daran, dass das Verfassungsgericht in seinen Urteilen vom 18.04.2018 in der Sache 2014/10626 und vom 19.04.2018 in der Sache 2014/17391 die Verurteilung dieser Demonstrant*innen als rechtswidrig befunden hat.

Der Versuch, fünf Jahre nach den Gezi-Protesten aus den damaligen Ereignissen einen Umsturzversuch gegen die Regierung zu konstruieren ist ziemlich absurd. Die Ermittlungsbehörden sollten nicht erwarten, dass die Öffentlichkeit ihnen diese Anschuldigung abnimmt. Weitere unschuldige Menschen zu bezichtigen, nur um Osman Kavala zu belasten, ist zutiefst unrechtmäßig; diese Vorgehensweise muss ein Ende haben. Der İHD betont außerdem, dass dieser neue Schritt der Staatsanwaltschaft, die seit einem Jahr nicht in der Lage ist, eine Anklageschrift gegen Osman Kavala vorzubringen, sicherlich von der demokratischen Öffentlichkeit verurteilt werden wird.

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei den Festgenommenen um Menschenrechtsverteidiger handelt, verurteilt der IHD die Festnahme von Prof. Dr. Turgut Tarhanlı, einem renommierten Menschenrechtsverteidiger, der sich seit langem für Rechtsstaatlichkeit einsetzt und viele Juristen sowie andere Personen ausgebildet hat.

Der İHD weist erneut auf die rechtswidrige Praxis hin, die darin besteht, dass Staatsanwälte die Festnahme von in der Gesellschaft anerkannten Personen anordnen, anstatt Zeugenaussagen einzuholen, wie es das Aufrufverfahren gemäß Artikel 145 der Strafprozessordnung vorsieht. Damit werden diese Personen kriminalisiert, als wären sie gefährliche Kriminelle. Diese Praxis muss unterbunden werden. Das Vorgehen gegenüber Prof. Tarhanlı und den anderen Untersuchungshäftlingen stellt ein weiteres Beispiel für die willkürliche Umsetzung von Gesetzen in der Türkei und die Art und Weise dar, wie die politische Führung jeden durch gerichtliche Verfolgung nach Belieben behandelt.

Der İHD fordert daher die politischen Machthaber auf, auf solche repressiven Methoden zu verzichten. Er fordert die sofortige Freilassung der Festgenommenen.

İnsan Hakları Derneği (İHD), Pressemitteilung vom 16.11.2018. Übersetzung: omü

Stichworte:    ⇒ Menschenrechte   ⇒ Strafverfolgung   ⇒ Türkei