Halil Savda

Halil Savda

Türkei: Aktionen zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung

Halil Savda ausgemustert, aber weiter in Haft - Ismail Saygy zog Verweigerung zurück

von Connection e.V.

(21.05.2008) (21. Mai 2008) Mit Aktionen zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung machte der Menschenrechtsverein Istanbul zusammen mit der Solidaritätsinitiative Halil Savda auf die Situation der Kriegsdienstverweigerer in der Türkei aufmerksam. Neben einer Plenumsdiskussion, an der 100 Personen teilnahmen, führten die Gruppen Aktionen auf dem Galatasaray-Platz und im Stadtteil Kadiköy in Istanbul durch. Mit Straßentheater protestierten sie am vergangenen Sonntag gegen eine militarisierte Gesellschaft, die bereits Kinder auf die militärischen Strukturen einschwört. Im Rahmen dieser Aktion erklärten zudem Deniz Özgür, Eylem Polat, Ibrahim Yilmaz und Özkan Kuru ihre Kriegsdienstverweigerung.

Halil Savda ausgemustert, aber weiter in Haft

Bereits am 25. April wurde der Kriegsdienstverweigerer Halil Savda gegen seinen Willen ausgemustert. Er war anlässlich einer Solidaritätsaktion für den Kriegsdienstverweigerer Ismail Saygi am 27. März 2008 verhaftet worden. Trotz der Ausmusterung wird er voraussichtlich bis Ende 2008 in Haft im Militärgefängnis in Corlu bleiben, da er eine bereits rechtskräftige Strafe zu verbüßen hat.

Halil Savda war im März 2007 vom Militärgericht in Corlu zu insgesamt einem Jahr und dreieinhalb Monaten wegen Desertion und Ungehorsam verurteilt worden. Wenig später erfolgte eine zweite Verurteilung zu sechs Monaten wegen Befehlsverweigerung. Die zweite Haftstrafe von sechs Monaten hat Halil Savda bereits verbüßt. Da er gegen das erste Urteil in Berufung ging, wurde die erste Haftstrafe von einem Jahr und dreieinhalb Monaten erst Anfang 2008 bestätigt und damit rechtskräftig.

Mit der Ausmusterung unterliegt Halil Savda als erster türkischer Kriegsdienstverweigerer nicht weiter dem Teufelskreis aus Verhaftung, Verurteilung und Inhaftierung.

Die Türkei erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an. Jeder türkische Mann ist mit 20 Jahren zur Ableistung des Militärdienstes verpflichtet. Kriegsdienstverweigerer, die aufgrund ihrer Entscheidung die Uniform oder Befehle verweigern, werden wegen Befehlsverweigerung angeklagt und nach Verbüßung der Haftstrafe erneut einberufen. Dieser Teufelskreis kann ein Leben lang fortbestehen, da die Wehrpflicht in der Türkei erst nach Ableistung des Militärdienstes als erfüllt gilt.

Ismail Saygi zieht Kriegsdienstverweigerung zurück

Ismail Saygi hatte Anfang April seine Kriegsdienstverweigerung zurückgezogen. Die Solidaritätsinitiative Ismail Saygi erklärte in einer Stellungnahme dazu: "Nachdem er dem Militärgericht überstellt worden war, wurde er in das Militärgefängnis Maltepe gebracht. Dort wurde er von anderen anwesenden Soldaten schwer geschlagen. Er wurde während der gesamten Zeit im Gefängnis misshandelt. Am 26. März überstellte ihn das Militär nach Kars und brachte ihn in das Militärgefängnis Sarikamis, das für Misshandlungen berüchtigt ist. Dass er als Kriegsdienstverweigerer seine Ansicht in der Haft änderte, zeigt, dass ernsthaft harte Formen existieren, um Druck auszuüben." Inzwischen leistet Ismail Saygi seine restliche Dienstzeit beim Militär ab.

Mit der Verfolgung der Kriegsdienstverweigerer verstößt die Türkei gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. Januar 2006. Darin hatte das Gericht festgestellt, dass wiederholte Anklagen gegen Kriegsdienstverweigerer in Verbindung mit der Möglichkeit einer lebenslangen Strafverfolgung "im Missverhältnis zu dem Ziel stehen, die Ableistung des Militärdienstes sicherzustellen" und damit die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen. Der Ministerausschuss des Europarates hatte die Türkei in einer Erklärung zuletzt am 17. Oktober 2007 aufgefordert, "ohne weiteren Verzug eine Gesetzesreform zu verabschieden, die notwendig ist, um ähnliche Verletzungen der Konvention zu vermeiden."

Connection e.V. fordert die unverzügliche Freilassung von Halil Savda. Rudi Friedrich ergänzte für die Organisation, die sich auf internationaler Ebene für Kriegsdienstverweigerer einsetzt: "Die Türkei muss das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung unverzüglich und uneingeschränkt anerkennen. Die Kriminalisierung von Kriegsdienstverweigerern, AntimilitaristInnen und Deserteuren muss beendet werden."

gez. Rudi Friedrich

Connection e.V., Pressemitteilung vom 21. Mai 2008

Stichworte:    ⇒ Aktionsberichte   ⇒ Halil Savda   ⇒ Inhaftierung   ⇒ Ismail Saygi   ⇒ Kriegsdienstverweigerung   ⇒ Türkei   ⇒ Urteile