Maikel Nabil Sanad - © Christopher Schwarzkopf

Maikel Nabil Sanad - © Christopher Schwarzkopf

Ägyptisches Militär liefert Militärkritiker bewusst dem Tod aus

Urteil aufgehoben, Maikel Nabil Sanad wurde aber nicht freigelassen

von Connection e.V. und DFG-VK Hessen

(12.10.2011) Das Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e.V. und die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen fürchten um das Leben des inhaftierten Kriegsdienstverweigerers und Militärkritikers Maikel Nabil Sanad, der sich seit 51 Tagen im Hungerstreik befindet. Auf der gestrigen Berufungsverhandlung wurde das im April gegen ihn verhängte Urteil von drei Jahren Haft zwar aufgehoben: Das Gericht ließ ihn aber nicht frei, sondern wies das Verfahren zur erneuten Urteilsfindung zurück. Maikel Nabil Sanad wird bis zur erneuten Verhandlung in Haft bleiben und aufgrund dessen seinen Hungerstreik fortsetzen.

Maikels Bruder, Mark Sanad, erklärte im Anschluss des Verfahrens gegenüber der Presse: „In zwei Tagen wird der Fall der Militärstaatsanwaltschaft übergeben werden, die dann über einen Termin für die erneute Verhandlung entscheiden wird.“

„Nach 50 Tagen Hungerstreik kann jede Verzögerung des Verfahrens den Tod von Maikel Nabil Sanad bedeuten“, erklärte Andreas Speck von der War Resisters‘ International (London), der das Verfahren bereits im April beobachtete. „Warum hat das Gericht das ursprüngliche Urteil aufgehoben, ihn aber nicht bis zur Neuverhandlung auf freien Fuß gesetzt? Diejenigen, die sich weigern, ihn freizulassen, sind verantwortlich dafür, wenn Maikel Nabil Sanad zu Tode kommt.“

Auch der Menschenrechtsbeauftragte des Auswärtigen Amtes hatte vor einer Woche im Namen der Bundesregierung gefordert, „die Haftstrafe von Maikel Nabil Sanad unverzüglich auszusetzen. (...) Die große Zahl von Verfahren gegen Demonstranten und Aktivisten vor Militärtribunalen ist sehr besorgniserregend und entspricht nicht rechtsstaatlichen Ansprüchen.“

Rudi Friedrich von Connection e.V. erklärte angesichts der Zuspitzung heute: „Maikel Nabil Sanad wird trotz der lebensbedrohlichen Situation nicht in einem Krankenhaus behandelt. Die Militärgerichte spielen auf Zeit. So liefern sie ihn bewusst dem Tod aus. Das ägyptische Militär zeigt an seinem Beispiel mit aller Härte, wie es mit Kritikern umgeht.“

Zum Hintergrund

Ein Militärgericht hatte Maikel Nabil Sanad am 10. April 2011 wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung falscher Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er in einem Beitrag auf seinem Blog www.maikelnabil.com über die Rolle des Militärs während und nach der Revolution berichtet hatte. Er hatte darin ausführlich die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen und politischen Einflussnahmen des ägyptischen Militärs in dieser Zeit thematisiert. (...mehr)

Seine Verurteilung verletzt das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit. Am 21. Juli 2011 hatte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen in der Allgemeinen Erklärung 34 zum Menschenrecht auf Rede- und Meinungsfreiheit Stellung bezogen: „Staatliche Behörden dürfen Kritik an Institutionen wie dem Militär oder Verwaltung nicht untersagen.“ Damit stellt die Verurteilung und Inhaftierung von Maikel Nabil Sanad eine klare Verletzung des Artikels 19 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte dar. Auch die im Juni 2011 in Kraft getretene Übergangsverfassung Ägyptens garantiert das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit.

Das Urteil wurde zudem von einem Militärgericht gegenüber einer Zivilperson ausgesprochen und erging in Abwesenheit der Familie, Freunde und des Anwalts von Maikel Nabil Sanad. Damit verletzt das Verfahren gegen Maikel Nabil Sanad auch das Recht auf ein gerechtes Verfahren nach Artikel 14 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte.

Maikel Nabil Sanad hatte am 23. August 2011 einen Hungerstreik begonnen. Mehrmals hatte er seine Forderung auf sofortige Freilassung mit einem Durststreik bekräftigt. Durch den Durststreik versagten seine Nieren und er fiel wiederholt ins Koma.

 

Unterstützungsmöglichkeiten für Maikel Nabil Sanad gibt es weiter unter

www.Connection-eV.org/aktion-egypt.php

www.frieden-mitmachen.de

http://WRI-irg.org/campaigns/supportmaikelnabil

Wir bitten zudem, Protestschreiben zu senden an:

Director of Military Judiciary

Major-General Ahmed Abd Allah

Military Judicial Department

Cairo, Egypt

Fax: +202 2 402 4468 / +202 2 411 3452 (Bitte nach Fax fragen: ‘Fax please’)

 

Military General Attorney

Major-General Medhat Radwan

Military Judicial Department

Cairo, Egypt

+202 2 412 0980 (Bitte nach Fax fragen: ‘Fax please’)

Connection e.V. und DFG-VK Hessen: Pressemitteilung vom 12. Oktober 2011

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