Angola: Kriegsdienstverweigerung, Religionsfreiheit, Migration und Flucht
Stellungnahme vor dem UN-Menschenrechtskomitee
Im März 2019 fand vor dem UN-Menschenrechtskomitee eine Überprüfung der Menschenrechtslage in Angola statt. Emanuel Matondo sprach dort auf Einladung vom Internationalen Versöhnungsbund. (d. Red.)
Nachdem im September 2017 der neue Präsident die Macht übernommen hat, gehen einige davon aus, dass es bereits einige positive Entwicklungen gegeben hat. Tatsächlich hat sich aber die Situation in entscheidenden Bereichen der Bürgerrechte nicht geändert.
Ich möchte im Namen des Internationalen Versöhnungsbundes die Aufmerksamkeit auf folgende Punkte richten:
Zum Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit1 in Bezug auf die Wehrpflicht. Aufgrund der Regelungen des Militärdienstgesetzes (Lei Geral do Serviço Militar), No. 1/93 vom 26. März 1993 liegt eine Diskriminierung oder ein sozialer Ausschluss aufgrund der Wehrpflicht in Angola vor. Nach dem Gesetz gibt es einen „alternativen Dienst“, der formal das Recht auf Kriegsdienstverweigerung anerkennt. Es gibt jedoch keine näheren Bestimmungen zur praktischen Umsetzung. Die Regierungsseite interpretiert dieses Gesetz in der Weise, dass ein alternativer Dienst ausschließlich innerhalb der bewaffneten Streitkräfte abgeleistet werden kann und es keinen zivilen Dienst gibt. Das bedeutet, dass Kriegsdienstverweigerer keinen Alternativdienst ableisten können und ihnen daher keine Militärpapiere ausgehändigt werden. Damit haben sie keine Möglichkeit, zu studieren, im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Sie sind zu Bildungslosigkeit und lebenslanger Armut verurteilt. Da es auch gängige Praxis ist, dass männliche Staatsbürger im wehrpflichtigen Alter eine spezielle Genehmigung zur Ausreise aus Angola benötigen2, ist für die meisten Kriegsdienstverweigerer das Recht auf Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Auf diese Weise werden ihre sozialen und anderen grundlegenden Rechte verletzt.
Wer die dauerhafte Ausreisesperre umgehen will, dem bleibt nur die einzige Institution im Land, die nach wie vor funktiert: Korruption bzw. die Bestechung der Verwaltungsangestellten im Militär.3
Zur Religionsfreiheit.4 In Angola, wo weiterhin ein antireligiöses Verständnis vorherrscht, ist die Missachtung der Religionsfreiheit von großer Bedeutung. Angola ist das einzige Land in der Welt, das den Islam nicht als Religion anerkennt. Es scheint bewusste Versuche zu geben, alle Religionen zu stigmatisieren, indem auf die extremistischen gewaltbetonten Äußerungen verwiesen wird. Ich möchte an dieser Stelle insbesondere auf die Repression gegenüber der angolanischen Kirche Light of the World hinweisen, deren Führer Jose Kalupeteka und Jünger willkürlich verhaftet und später ohne faires Strafverfahren verurteilt wurden. Dies folgte dem Monte Sumi Massaker vom 16. April 2015, das von staatlichen Agenten und Vertretern der lokalen Behörden durchgeführt wurde. Aufrufe der Opposition, zivilgesellschaftlicher Organisationen und den Vereinten Nationen, eine unabhängige Untersuchungskommission einzurichten, wurden von der angolanischen Regierung zurückgewiesen.
Zur Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.4 Nach wie vor gibt es eine repressive Gesetzgebung, die der Regierung Kontrolle über unabhängige und gemeinnützige Vereine und Organisationen einräumt und damit den zivilen Bereich in Angola beschränkt. Am 13. Juli 2017 wurde zwar ein Gesetz, das die Handlungsfähigkeit nicht-staatlicher Organisationen beschränkt, vom Obersten Gerichtshof für verfassungswidrig erklärt. Es ist aber weiter in Kraft. Es wurde sogar durch ein neues Mediengesetz 2018 erneut bekräftigt. Bis heute ist das 2006 willkürlich ausgesprochene Verbot der zivilen und Menschenrechtsorganisation Mpalabanda in der Provinz Cabinda in Kraft. In dieser ölreichen Region, die von einem „Krieg niedriger Intensität“ zwischen Regierungsstreitkräften und Separatisten betroffen ist, sind zivilgesellschaftliche Aktivitäten für ungesetzlich erklärt.
Zu Migration und Flucht.5 Seit 2003 beobachten wir eine kollektive Ausweisung von kongolesischen Migrant*innen durch die angolanischen Behörden. Die Zurückweisung in die Demokratische Republik Kongo geschieht in einem rechtsfreien Raum. Die angolanische Regierung missachtet hier alle Menschenrechtsprinzipien. 2018 erreichte dies seinen Höhepunkt durch die brutale Abschiebung von 400.000 bis 500.000 Kongoles*innen. Viele von ihnen flohen vor grausamer oder erniedrigender Behandlung. Einige der Abgeschobenen sind gestorben. Die anderen leben unter erschreckenden Bedingungen.
Fußnoten
1 Artikel 18 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte
2 Lei ou máfia militar? „Estás a viajar? Já trataste da autorização military?” 14. Mai 2013. https://centralangola7311.net/2013/05/14/lei-ou-mafia-militar/
3 ebd.
4 Internationaler Pakt, Artikel 19, 21 und 22
5 Internationaler Pakt, Artikel 2, 6, 7 und 13
Emanuel Matondo: Stellungnahme vor dem Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen, 125. Sitzung, 4. März 2019. Auszüge. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2019
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