Foto: Mari Park, ai

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Südkorea: Alternative zum Militärdienst ist für Kriegsdienstverweigerer eine neue Form der Bestrafung

von Amnesty International

(27.12.2019) Kriegsdienstverweigerer in Südkorea werden nach Verabschiedung eines Gesetzes zum Alternativdienst durch das südkoreanische Parlament weiterhin bestraft und stigmatisiert, so Amnesty International. Nach dem neuen Gesetz müssen Verweigerer, die aus religiösen oder anderen Gründen den Kriegsdienst ablehnen, einen dreijährigen Dienst im Gefängnis oder anderen Hafteinrichtungen ableisten. Bislang sind sie zu 18 Monaten Haft verurteilt worden.

Wegweisende Urteile des Obersten Gerichtshofes und des Verfassungsgerichtes hatten das Recht auf Kriegsdienstverweigerung 2018 anerkannt. „Den südkoreanischen Kriegsdienstverweigerern wurde ein echter alternativer Dienst versprochen. Stattdessen sind sie nun konfrontiert mit nichts weniger als einer alternativen Bestrafung“, sagte Arnold Fang, Experte von Amnesty International für Ostasien.

„Menschen für die Arbeit in ein Gefängnis zu sperren – und dann noch fast doppelt so lange wie die normale Militärdienstzeit – verletzt ihr Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.“

Anträge für einen alternativen Dienst sollen durch ein Komitee überprüft werden, das der Verwaltungsabteilung für die Mannschaften des Militärs und damit dem Verteidigungsministerium unterstellt ist. „Die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung in Südkorea war ein positiver Schritt, aber dieses Gesetz bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Der Dienst sollte vollständig unter der Kontrolle einer zivilen Behörde stehen, getrennt vom Militär“, erklärte Arnold Fang.

Mit 36 Monaten wird der südkoreanische Alternativdienst der längste in der Welt sein. „Dieser heuchlerische Schachzug reicht nicht aus, um die Menschenrechtsverletzungen zu beenden, denen sich die Kriegsdienstverweigerer ausgesetzt sehen. Sie werden in der Tat weiter als Kriminelle behandelt. Dies wird auch nicht die in Südkorea bestehende Stigmatisierung der Verweigerer reduzieren. Sie werden weiter als Menschen angesehen werden, die ins Gefängnis gesteckt werden, womit höchstwahrscheinlich auch weiterhin ihre Möglichkeiten beeinträchtigt sind, im Anschluss eine Beschäftigung zu finden. Wir fordern die südkoreanische Regierung nachdrücklich auf, den nun verabschiedeten Plan nur als vorläufige Maßnahme anzusehen. Letztendlich müssen Kriegsdienstverweigerer die Möglichkeit eines alternativen Dienstes haben, der eindeutig keinen Strafcharakter aufweist, vollständig unabhängig vom Militär durchgeführt wird und in Übereinstimmung mit den Gründen ihrer Kriegsdienstverweigerung steht.“

Hintergrund

In den letzten 60 Jahren wurden jedes Jahr Hunderte junger südkoreanischer Männer verurteilt und inhaftiert, weil sie aufgrund ihrer Überzeugungen den Kriegsdienst verweigerten, obwohl sie sich bereit erklärt hatten, einen Dienst für die Gesellschaft abzuleisten. Üblicherweise erhielten sie eine 18-monatige Haftstrafe. Damit waren sie vorbestraft und hatten so lange über die Zeit der Haft hinaus mit wirtschaftlichen und sozialen Nachteilen zu kämpfen.

Nach internationalem Menschenrecht und Menschenrechtsstandards sind Staaten mit einer Wehrpflicht dazu verpflichtet, eine echte zivile Alternative anzubieten. Diese sollte eine ähnliche Länge wie der Militärdienst haben, jede zusätzliche Dauer des Dienst muss auf vernünftigen und objektiven Kriterien beruhen. Das Verfahren zur Überprüfung von Anträgen zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer sowie etwaige anschließende Arbeitsleistungen müssen unter ziviler Aufsicht stehen.

Zwei unabhängige Experten der Vereinten Nationen hatten letzten Monat gegenüber der südkoreanischen Regierung ähnliche Bedenken zum Gesetz über den alternativen Dienst geäußert.*

* https://spcommreports.ohchr.org/TMResultsBase/DownLoadPublicCommunicationFile?gId=24979

Amnesty International: South Korea: Alternative to military service is new punishment for conscientious objectors, 27. Dezember 2019. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe April 2020

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