Begrüßung zur Internationalen Konferenz Kriegsdienstverweigerung in Asien

von Seok-tae Lee

(18.11.2023) Zunächst möchte ich mich bei allen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, an einem so kalten Tag zu uns zu kommen. Mein aufrichtiger Dank gilt den engagierten Teammitgliedern für ihre außergewöhnlichen Bemühungen bei der Organisation dieser Konferenz.

Es ist nun fast vier Jahre her, dass das Alternativdienstgesetz im Dezember 2019 vom Parlament verabschiedet wurde. Nach diesem Gesetz müssen Kriegsdienstverweiger*innen nicht mehr ins Gefängnis; sie sind keine Kriminellen mehr und können nun neue Wege der gemeinnützigen Arbeit finden, um ihr Gewissen und ihre friedlichen Überzeugungen zu wahren.

All dies ist der harten Arbeit nationaler und internationaler Unterstützer*innen und derjenigen zu verdanken, die selbst eine Gefängnisstrafe riskiert haben.

Die heutigen bewaffneten Konflikte in der Ukraine und im Gaza-Streifen im Nahen Osten zeigen, wie schwierig es sein kann, Probleme mit friedlichen Mitteln statt mit Waffen zu lösen. Der Appell der Kriegsdienstverweiger*innen wird überall auf der Welt dringend gebraucht.

Die jüngste Eskalation des Konflikts im Nahen Osten, die durch nahezu wahllose Gewalt gekennzeichnet ist, hat auf tragische Weise zur Bombardierung von Krankenhäusern geführt, was den Tod zahlreicher Kinder und unschuldiger Zivilisten zur Folge hatte. Über diese verheerenden Ereignisse wird häufig in den Medien berichtet. Niemand weiß, wie oder wann dieser verheerende Krieg enden wird.

Tatsächlich wüten in vielen Teilen der Welt ähnliche bewaffnete Konflikte und bedrohen religiöse und pazifistische Überzeugungen, die Konflikte zu verhindern suchen. In diesem Sinne ist die Existenz von Kriegsdienstverweiger*innen nicht nur für das Gewissen des Einzelnen, sondern für das Gewissen der gesamten Menschheit von Bedeutung. Wenn niemand auf die Ungerechtigkeit der zerstörerischen Auswirkungen des Krieges hinweist, könnte die Menschheit in das Zeitalter der Barbarei zurückkehren.

Unter diesen Umständen ist die Einführung des Alternativdienstgesetzes in Südkorea eine willkommene Verbesserung. Allerdings wurde das System von Anfang an wegen seiner übermäßig langen Dienstzeiten und seiner Beschränkungen in Bezug auf Ort und Form des Dienstes kritisiert.

Seinem Gewissen zu folgen, sollte nicht disziplinarisch sanktioniert werden. Die Dauer des Alternativdienstes sollte angemessen sein, und die Orte und Formen des Dienstes sollten wesentlich vielfältiger sein. Das derzeitige System des Alternativdienstes sollte verbessert werden, damit die Kriegsdienstverweiger*innen stolz auf sich sein können. Und es sollte geändert werden, damit sich die Gesellschaft auf der Grundlage sozialer Dienste entwickeln kann.

Die Einführung des südkoreanischen Alternativdienstsystems wurde von vielen internationalen Nichtregierungsorganisationen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, darunter auch dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, unterstützt. Jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam an der Verbesserung des derzeitigen Systems zu arbeiten und anderen Ländern zu helfen, in denen es dies noch nicht gibt.

Ich bin zuversichtlich, dass die heutige Konferenz eine Gelegenheit bietet, über das derzeitige System nachzudenken, Solidarität mit Aktivist*innen in anderen Ländern zu suchen und den Aufruf zum Handeln der Vereinten Nationen zu erneuern.

Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zur erfolgreichen Ausrichtung der heutigen internationalen Konferenz und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihren zukünftigen Bemühungen.

Ich danke Ihnen.

Seok-tae Lee war Richter am Verfassungsgericht Südkorea

Seok-tae Lee: Begrüßungsrede auf der Internationalen Konferenz „Kriegsdienstverweigerung in Asien - Analysen und Perspektiven“. 18. November 2023 in Seoul, Südkorea. Internationale Konferenz „Kriegsdienstverweigerung in Asien - Analysen und Perspektiven“. Der Beitrag wurde veröffentlicht in der Broschüre „Internationale Konferenz Kriegsdienstverweigerung in Asien“, Herausgegeben von Connection e.V. in Kooperation mit World Without War und War Resisters International, März 2024

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