Kriegsdienstverweigerung ist ein universelles Thema

von Hiromi Ichikawa

(20.01.2023) Mein Forschungsthema ist Kriegsdienstverweigerung. Soweit ich weiß, gibt es in Japan nur wenige die sich mit diesem Thema beschäftigen. Bekanntlich gibt es in Japan keine Militärdienstpflicht und für viele Leute ist Kriegsdienstweigerung ein sehr abwegiges Thema, das nichts mit ihnen zu tun hat. Wie den Leser*innen bekannt sein wird, ist Kriegsdienstverweigerung aber nicht nur ein Thema für Militärdienstpflichtige, sondern es handelt sich um ein universelles Thema.

Kriegsdienstverweigerung stellt die raison d’étre des Staates grundsätzlich in Frage. Wozu ist der Staat da? Darf der Staat zwingen zu töten? Darf der Staat Menschen dafür bestrafen, dass sie nicht töten?

Ich habe an der internationalen Konferenz in Seoul teilgenommen und war von drei Aspekten beeindruckt:

- Die Konferenz hat meinen Respekt für diejenigen gestärkt, die den Militärdienst verweigern und für diejenigen, die dabei unterstützen. Diese Leute haben mich daran erinnert, dass Kriegsdienstverweiger*innen dazu beigetragen haben, dass es ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt, wie wir es heute kennen. Es war mir eine Ehre, daran teilzunehmen.

- Ich habe erneut festgestellt, wie wichtig es ist, dass Menschen miteinander verbunden sind, um in einem schwierigen Umfeld die Bewegungen weiterzuführen. Besonders beeindruckend war der Kommentar einer*s Teilnehmendes aus Israel. Die Person sagte, sie sei durch einen Brief, den sie im Gefängnis erhalten hatte, ermutigt worden. Während der Konferenz teilten die Teilnehmer*innen aus verschiedenen Teilen der Welt ihr Wissen und ihre Weisheit und versuchten, die nächsten Schritte der Bewegung vorzubereiten.

- Bei der Behandlung dieses Themas ist es wichtig, eine Genderperspektive zu berücksichtigen. Das Thema ist als eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft zu sehen. Die Schwierigkeiten, mit denen Kriegsdienstverweiger*innen konfrontiert sind, werden durch eine militarisierte und maskulinisierte Gesellschaft verursacht, eine Gesellschaft, die akzeptiert, Menschen zu bestrafen, die andere nicht töten wollen. Um eine solche Gesellschaft zu verändern, erklären Frauen in Korea ihre Kriegsdienstverweigerung.

Kang In-hwa der Nationalen Universität Seoul wies darauf hin, dass „die Verweigerung des Militärdienstes als ein Recht etabliert werden sollte, das jede*r in Anspruch nehmen kann, auch diejenigen, die als nicht militärdiensttauglich gelten“. Ganz genau. Kriegsdienstverweigerung ist nicht nur als ziviler Ungehorsam von Militärdienstpflichtigen zu verstehen, sondern auch als Möglichkeit der politischen Partizipation für alle.

Hiromi Ichikawa ist Professorin an der Frauenuniversität in Kyoto, Japan

Hiromi Ichikawa. Kommentar vom 20.1.2024 zur Internationalen Konferenz „Kriegsdienstverweigerung in Asien - Analysen und Perspektiven“, 18. und 19. November 2023 in Seoul, Südkorea. Der Beitrag wurde veröffentlicht in der Broschüre „Internationale Konferenz Kriegsdienstverweigerung in Asien“, Herausgegeben von Connection e.V. in Kooperation mit World Without War und War Resisters International, März 2024

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