Der deutsche Staat als Handlanger
Bürokratie gegen Migranten aus der Türkei
In der deutschen Gesetzgebung gibt es zahlreiche Hindernisse und bürokratische Blockaden, die Migranten aus der Türkei das Leben erschweren, so z.B. bei der Einbürgerung.
Wer die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen will, muss bei den deutschen Behörden zunächst einen Antrag auf Einbürgerung stellen. Ein solcher Antrag hat dann keine Aussicht auf Erfolg, wenn der Betreffende zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger ist oder als hier Geborener wegen etwaiger "Jugendsünden" polizeilich registriert ist.
Mit der Zusicherung, dass die deutsche Staatsbürgerschaft gewährt wird, verlangen die deutschen Behörden zugleich grundsätzlich, dass der Betreffende beim Konsulat des Herkunftslandes einen Antrag auf Ausbürgerung stellt. Hintergrund dafür ist die Regelung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, dass es keine doppelte Staatsbürgerschaft geben darf.
Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz der Türkei kann der Ministerrat der Türkei türkische Staatsbürger aus der Staatsbürgerschaft entlassen, wenn diese eine andere Staatsbürgerschaft annehmen. Selbst Wehrpflichtige werden aus der Staatsbürgerschaft entlassen. Wer aber bereits 38 Jahre alt ist - und aufgrund der restriktiven Einbürgerungsregelungen in Deutschland bislang keine Möglichkeit sah, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten - und damit unter die Regelung des Kopfgeldes fällt, von dem wird verlangt, vor der Entlassung das Kopfgeld zu bezahlen.
Es gibt zwar Ausnahmeregelungen im Hinblick auf die Einbürgerungsprozedur der zukünftigen "Neu-Deutschen". Mit den bürokratischen Vorgaben der Behörden wird aber kaum Rücksicht auf Betroffene genommen, die sich aus moralischen oder ethischen Gründen weigern, der Militärpflicht gegenüber ihrem "Mutterland" nachzukommen.
Die Konsequenz ist, dass die Türkei einen fahnenflüchtlingen "Auslandstürken" ab der Altersgrenze von 38 Jahren weder aus der türkischen Staatsbürgerschaft entlässt, noch den Pass verlängert. Da die deutsche Aufenthaltsberechtigung an einen gültigen türkischen Pass gekoppelt ist, bringt dies "persönliche Problem" zusätzliche Erschwernisse mit sich. Erteilt die Einbürgerungsbehörde keinen deutschen Pass, fehlt dem "Auslandstürken", wie B. Brecht es einst formulierte, "der edelste Teil eines Menschen" und der Betroffene ist auf sich gestellt.
Es ist nicht einfach, die prekären Lebensverhältnisse ohne einen gültigen Pass zu meistern. Die Konsequenzen einer ungewissen Alltagssituation dieser "Auslandstürken" kann man zum Teil mit illegalisierten Flüchtlingen vergleichen.
Die "Illegalität" für die betroffenen "Auslandstürken" kommt aber nicht nur deshalb zustande, weil sie nicht ausgebürgert werden, sondern auch deshalb, weil sie durch die deutsche Gesetzgebung dazu gezwungen werden. Dies trifft besonders diejenigen "Auslandstürken", die weder finanziell in der Lage oder bereit sind, das Geld für ihr Kopfgeld aufzubringen, noch aufgrund gesetzlicher Hindernisse die Voraussetzungen für eine rechtzeitige Einbürgerung erfüllen. Weil die gesetzlichen Regelungen der Einbürgerung auf die Gegebenheiten von vermeintlich "ökonomisch nutzlosen Ausländern" keine Rücksicht nehmen, werden manche von den Behörden in die Illegalität gedrängt - auch nach 30 Jahren ununterbrochenen Aufenthalts in Deutschland. Ein Beispiel dafür ist Yasars Situation. (...mehr)
Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, November 2007.
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