Aktion zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung 2020

Aktion zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung 2020

WRI-Konferenz in London

Ein Bericht

(25.06.2023) An der Konferenz der War Resisters‘ International „Antimilitarist Roots: Nonviolent resistance for a world in crisis“ nahm Connection e.V mit drei Aktiven teil.

Freitag: Ein großes Wiedersehen und neue Gesichter

Die Konferenz wurde mit einer partizipativen Plenarsitzung eröffnet: Woher kommen wir? Wo arbeiten wir? Wie wird Militarismus erlebt? – diese Fragen beantworteten wir und markierten unsere Positionen mit Fotos auf einer großen Weltkarte, die auf dem Boden ausgelegt war. Das „besondere“ an dieser Weltkarte war ihre Darstellung, sie stellte die tatsächlichen Größenverhältnisse der Kontinente dar. Damit wird deutlich, wie klein Europa im Vergleich zu anderen Teilen der Welt ist. Anhand dieser Weltkarte konnte man gut sehen, wo welche Aktivitäten stattfinden und an welchen Orten sich antimilitaristische Arbeit konzentriert. Gleichzeitig wurde deutlich, dass wir zwar durchaus von einer internationalen Konferenz sprechen können, das Gros der Teilnehmenden allerdings aus Europa kam. Anschließend begannen die Arbeitsgruppen. Wir beteiligten uns an den (kurzen) Workshops “Revolutionäre Gewaltlosigkeit, Widerstandsforschung und Friedenserziehung” und „What do you want to defend?“ (zum Konzept der Sozialen Verteidigung) und nutzten die Zeit, um nach einer langen, konferenzlosen Periode endlich mal wieder persönlich mit Bekannten und Freund*innen zu sprechen und die eigenen Projekte vorzustellen.

Die Kaffeepause läutete den Beginn der Themengruppen ein, die einen inhaltlichen Schwerpunkt der Konferenz darstellten. Wir trafen uns insgesamt dreimal während der Konferenz, um am jeweiligen Thema zu arbeiten. Connection e.V. leitete federführend die Themengruppe „Conscientious Objection (CO)“ und war zudem in der Gruppe „Militarisierung der Grenzen“ vertreten. Gemeinsam erarbeitete die Gruppe CO eine Tabelle, in der die Situation der Kriegsdienstverweigerung in verschiedenen Ländern dargestellt wurde. Wir tauschten uns aus über die rechtliche Situation der Kriegsdienstverweigerung, Mobilisierungs- und Rekrutierungsmaßnahmen, die Libreta Militar (Bescheinigung über Militärdienst) und andere Feinheiten in den Ländern Schweiz, Deutschland, Großbritannien, Russland, Israel, Türkei und Kolumbien. In der Gruppe „Militarisierung der Grenzen“ sprachen wir über die Arbeit spanischer NGOs an der gefährlichen Atlantikroute, auf der Flüchtende aus Nordafrika versuchen, die Kanarischen Inseln zu erreichen. 

Der erste Konferenztag endete mit zwei Plenarvorträgen. Eröffnet wurde die Sitzung von Evyatar Moshe Rubin, Mitglied des Mersavot-Netzwerks für politischen Ungehorsam in Israel. Daran schloss sich ein Beitrag des Häuptling Namoks (John Ridsdale) von der Wet’suwet’en First Nation auf dem kanadischen Territorium an. Connection e.V. beendete den Tag mit einem wunderbaren Treffen mit Aktiven aus Kolumbien und Spanien. Mit viel Spaß und guter Laune bereiteten wir dabei die Kolumbien-AG des nächstens Tages vor.

Samstag: Die #OWC und kommende Herausforderungen

Erneut begann die Konferenz mit einer partizipativen Plenarsitzung in der wir nach den Herausforderungen und Chancen unserer antimilitaristischen Arbeit fragten. Anschließend fand die Kolumbien-AG statt, die wir am Abend zuvor vorbereitet hatten: Aktive von Observatorio de Militarismo in Bógota stellten die Situation der Kriegsdienstverweigerung in Kolumbien vor. Dem wurden die unterschiedlichen Entwicklungen von Militärdienst, Ersatzdienst und Kriegsdienstverweigerung in Deutschland und Spanien gegenübergestellt. Ein Vertreter der DFG-VK Hessen berichtete über die Entwicklung der Militärdienstpflicht, Ersatzdienst und der KDV-Bewegung in Deutschland. Eine Aktive der „Antimilitaristischen Alternative – Bewegung der Kriegsdienstverweiger*innen“ (AA-MOC, Spanien) stellte die Geschichte der Bewegung der Totalen Kriegsdienstverweigerung in Spanien vor: Dabei wurde deutlich, mit welcher Idee die Insumisión-Kampagne zur Totalverweigerung in Spanien startete, wie sich die Kampagne entwickelte und wie phantasievoll sie auf die jeweils neuen Herausforderungen und Repressionen reagieren konnten. Um das Jahr 1980 wurde in Spanien ein Gesetz zu einem Ersatzdienst erlassen, welches sie boykottierten, da sich die Ansicht entwickelte, das Gewissen könne nicht von einer Kommission geprüft werden. Erklärungen zur totalen Verweigerung wurden gesammelt und kollektiv abgegeben und Aktive organisierten öffentliche Aktionen, bei denen Kriegsdienstverweigerer gemeinsam auftraten. Für jeden Verweigerer wurde eine Gruppe geschaffen, die diesen in den zum Teil jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen begleitete und unterstützte. Der Boykott führte in den 1990er Jahren schließlich zu einer Krise der Rekrutierungen und später zur Abschaffung der Militärdienstpflicht in Spanien.

In der anschließenden Themengruppe CO stellten wir die #ObjectWarCampaign vor. Daraus entwickelte sich nicht nur eine lebhafte Diskussion, sondern auch eine Übersicht verschiedener „tools for change“, die uns seitdem als wertvoller Ideenspeicher fungiert. Zum Abschluss des Konferenztages sprachen Sahar Vardi aus Israel, Olga Karatch aus Belarus sowie Helen Kidan von der Eritrean Movement for Democracy and Human Rights. Ein gemeinsames Abendessen mit Freund*innen und Aktiven aus der Türkei, der russischen Bewegung für Kriegsdienstverweigerung, aus Südkorea, Deutschland, England und Israel rundete den Tag ab.

Sonntag: Mit guter Laune in den letzten Konferenztag

Der Sonntag wurde mit einem Begrüßungsritual der Muysca (Gruppe der Indigená in Mittelkolumbien) offiziell eröffnet. Camila Rodríguez (eine indigene Muysca-Frau aus Kolumbien), Marta Macías (Spanien) und Milan Sekulović (Montenegro) hielten anschließend Vorträge im Themenfeld Antimilitarismus und Umweltschutz. Camila Rodríguez erinnerte uns in beeindruckender Weise daran, mit welcher Brutalität die Europäer*innen sich auf dem amerikanischen Kontinent ausgebreitet haben und wie gegensätzlich die Grundsätze des beherrschenden Kapitalismus zu der Lebensweise und den Vorstellungen der indigenen Völker Amerikas sind. Indigene leiden besonders stark unter der Privatisierung ihres Territoriums, dem Drogenanbau- und Handel, der Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt. Die Referentin forderte eine Globalisierung des Antimilitarismus. Milan Sekulović berichtete vom Widerstand der Bevölkerung gegen die Errichtung eines der größten Militärübungsplätze der NATO auf einem großen Areal um den Berg Sinjajevina (Montenegro).

In der letzten Sitzung der Themengruppe CO entwickelten wir Strategien und Ziele für kommende Projekte im Themenfeld Kriegsdienstverweigerung wie Kampagnenideen, Lobbyarbeit und gemeinsame Veröffentlichungen. Auch für die #ObjectWarCampaign nahmen wir spannende Impulse mit. Die Arbeit der Themengruppen wurde anschließend im Hauptsaal vorgestellt. Jede Gruppe hat die Möglichkeit, auf ihre Weise und an einem eigenen Tisch die Ergebnisse der Konferenz zu präsentieren und mit den anderen Teilnehmenden der Konferenz ein letztes Mal ins Gespräch zu kommen. Nach dem offiziellen Ende konnten wir noch mit befreundeten Aktiven der eritreischen Diaspora ein gemeinsames Webinar für Anfang Juli planen, das bereits erfolgreich durchgeführt wurde.

Marah Frech. WRI-Konferenz in London. 25. Juni 2023. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe September 2023

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